Vor Jahren noch hatte ich die Vorstellung, dass Europa auf dem Weg sei sich zu einem funktionierenden Gemeinwesen, einem föderalen Staat, zu entwickeln. Dazu gehört eine demokratisch gewählte Regierung, die Europa – also die EU-Staaten – nach außen vertritt. Ganz sicher gehört nicht dazu, dass jedes Mitgliedsland sein eigenes Süppchen kocht. Vorschriften, Gesetze und soziale Regelungen müssen in allen Ländern gelten. Ausschlagend in allen Belangen ist das frei und demokratisch gewählte Europa-Parlament. Nach dem Vorbild Deutschlands sollte ein Gegengewicht etabliert werden, in dem die Länder vertreten sind und ihre Ländersachen regeln. Das wäre dann der Europarat.
Ja, der Weg zum Nation Building ist beschwerlich, aber Europa muss aus diesem jetzigen Klein-Klein herauskommen, wenn es eine Zukunft haben und in der Welt mit seinen fast 500 Mio. Einwohnern ein Wort mitreden will. Der Muff unter den Taleren muss nochmal abgeschnitten werden und alte Prozeduren müssen über Bord geworfen werden.
Einige Einzelpunkte;
Eine europäische, moderne Armee zu der jedes Mitgliedsland im Verhältnis zu seinem Bevölkerungsanteil Soldaten und Ausrüstung stellt.
Ein europäischer Grenzschutz/Zoll zu dem auch eine gemeinsame Küstenwache zählt, erweitert um ein humanitäres Geschwader für den weltweiten Katastrophenschutz und -Einsatz.
Die Justiz muss europaweit durchsetzungsfähig sein (Legislative) ebenso wie die Polizei (Exekutive). Das heißt, dass auch soziale Gesetzgebung und die soziale Sicherung in allen Ländern gleich sein muss.
Alle Plattformen der sozialen Medien, die jetzt in den USA oder China beheimatet sind, muss es in ähnlicher und konkurrenzfähiger Form auch in Europa geben, z.B. ein europäisches Amazon, Facebook oder YouTube.
Es muss egal sein aus welchem Mitgliedsland der europäische Präsident oder Ministerpräsident kommt, alle sind ohnehin dem europäischen Grundgesetz, was eine gemeinsame Verfassung sein muss, verantwortlich.
Diese Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen. Erstaunlich nur, dass sich bei den deutschen Parteien kein Gedanke an solch ein „Nationbuilding“ finden lässt. Zu früh ist es dafür garantiert nicht, aber der Weg ist noch weit. Europa könnte sich ein Beispiel an den USA, an den USA vor Trump, ein Beispiel nehmen. Mehr Schwung, mehr Optimismus, mehr Unternehmergeist und mehr hiervon und mehr davon.