Rente mit 70 – da geht ein Aufschrei durch die Republik.
Aber mit der kalten Logik der Mathematiker ist es nur logisch die Zeit der Beitragszahlungen zu verlängern, denn es verlängert sich ja auch die Lebenserwartung – zumindest statistisch. Mit der längeren Lebenserwartung verlängert sich auch die passive Zeit. Das ist die Zeit, in der noch keine Beiträge gezahlt werden oder in der eine Leistung als Rente bezogen wird.
Klar ist aber auch, dass ein Dachdecker z.B. nicht noch mit 70 auf einem schadhaften Dach herumkrabbeln kann. Dachdecker steht hier nur beispielhaft für die vielen hart arbeitenden Menschen in körperlich sehr anstrengen Berufen. Ich denke hier z.B. an den Mann beim Hochofenanstich oder den Straßenbauer beim Asphaltieren (nicht nur in einer Hitzewelle!). – Mir fällt da immer die Bundespost ein, die hoch motivierte junge Leute mit 38 in „Frühpension“ schickte, um sich durch Personalabbau für den Aktienmarkt attraktiv zu machen. Verrat ist eben doch nur eine Frage Datums!
Grundsätzlich gilt natürlich der Satz der Mathematikerin Lieschen Müller, wo weniger in den Topf kommt, kann auch nur weniger herausgenommen werden. Damit aber keine Härten aufkommen gleicht der Steuerzahler, also der Staat, einen großen Teil der möglichen Differenz aus. Was aber wenn der Staat nicht mehr ausgleichen kann? Sollen dann Rentner und künftige Rentner allein das Risiko tragen und sich einen äußerst flexiblen Lebensstandard ohne Sicherheit und Planung zulegen? Nein, das wäre das Ende des sozialen Friedens und des Wohlstands in dieser Republik.
Also was wäre zu tun? Eine Lösung wäre es den Kreis der Einzahler, also der Versicherungspflichtigen, auf einen breiteren Sockel zu stellen. Ob das eine Lösung ist, sei dahingestellt, denn es ist absehbar, dass wir in Deutschland ohne Zuwanderung einen Bevölkerungsrückgang erleben werden. Nachwuchs fehlt an allen Ecken und Enden. Wer soll dann einzahlen? Kann der Generationenvertrag halten? Aber sollen wir Zuwanderung dulden, weil wir unseren Wohlstand und unsere Bequemlichkeit behalten wollen.
Man muss vielleicht auch mal über die Technik nachdenken. Zur Zeit ist es leider so, dass Maschinen, Künstliche Intelligenz oder auch Arbeitsroboter nicht nur Arbeitsplätze für Menschen überflüssig machen, sondern auch Beitragszahler verschwinden lassen oder in den „Niedriglohnsektor“ transferieren. Betriebswirtschaftlich optimal, denn die Verfügungsmasse Mensch ist immer leichter zu haben. Mal abgesehen davon, was das mit den Menschen macht, ist das ein Schuss ins eigene Bein der Volkswirtschaft.
Unsere Spezialisten mit den gut bezahlten Jobs auf Regierungs- und Verwaltungsebene sollten sich mal Gedanken machen, wie dieser „Modernisierungsgewinn“ durch das Wegrationalisieren von Arbeitsplätzen in etwas Positives für die Systeme der Sozialen Sicherung umgewandelt werden kann (Stichwort: versicherungspflichtige Maschinen). Natürlich muss man, auch wenn Herr Lindner von der FDP das nicht gern hört, über eine Anpassung der Steuerpflicht für das einkommensstarke, obere Viertel der Bevölkerung reden. Nennen wir es beim Namen: „Reichensteuer“. Warum sollen Millionäre ihre Steuern über Steuertricks auf Null reduzieren können, wenn zeitgleich der lohnabhängig Beschäftigte mit einer gläsernen Geldbörse dasteht. Bei den Beiträgen zur Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung zahlt Otto Normalverbraucher wegen der Bemessungsgrenzen ohnehin viel mehr als der Millionär. Ein Paradoxon unserer Zeit!
Es gibt den Spruch „Reich wird man nur durch Erben“. Tatsächlich wird in Deutschland viel vererbt. Dabei geht es auch um Milliardenwerte, für die die Erben nichts getan haben. Hier geht es nicht um das Einfamilienhäuschen der Eltern oder die Goldkettensammlung der Großmutter, sondern – um es einfach zu sagen – um alles was über die Million hinausgeht.
Leute, macht Euch ans Nachdenken, aber bitte ohne diese elenden Neiddiskussionen. Es ist eiliger als Ihr vielleicht denkt.