Weihnachten ist schon komisch und das nicht nur in diesem „besonderen“ Jahr. Bereits seit Wochen vor dem Fest berieseln uns die Radiostationen mit dicken Männern in roten Mänteln und langen Bärten, die im Rentierschlitten bei Glockenklang über die schneebedeckten Baumwipfel zur nächsten Reihenhaussiedlung gleiten. Das Bild hat viel mit einer Coca-Cola-Werbung aus den vierziger Jahren zu tun. In den Reihenhäusern selbst sitzen alle vor dem Kamin und warten darauf, dass das Popcorn endlich knallt. Und im Hintergrund teilt uns der verstorbene Elvis mit, dass ein gewisser Santa Claus in der Stadt war. Bing Crosby schreibt die nächsten Weihnachtskarten und träumt von einer weißen Weihnacht. Und immer zwischen durch „Jingle Bells“, weil ja bald Weihnachten ist.
Ich glaube jeder Mensch trägt ein Bild von Weihnachten aus seinen eigenen Kindertagen in sich. Dieses Gefühl oder besser dieses kindliche Erleben lässt sich als Erwachsener leider nie wieder zum Leben erwecken, auch wenn wir alle dieses gerne wollten. Bei diesen Restaurationsversuchen kommt leider nur zu oft Kitsch heraus, der sich an bestimmten Bilder, die zu Ikonen geworden sind, festmacht.
Erfreulicherweise kann und darf jeder Mensch Weihnachten so feiern, wie er oder sie es möchten. Oder eben auch nicht. Der christliche Gedanke, der mit Weihnachten verbunden ist, ist bereits sehr weit in den Hintergrund gedrängt worden. Er ist abgelöst worden von einer großen Verkaufsshow, in der die „Koofmichs“ nahezu die Hälfte ihres Jahresumsatzes machen, und machen müssen. Natürlich bekommen die Kunden alles schön weihnachtlich verpackt oder sogar durch einen Lieferdienst nach Hause gebracht. Schenken zu Weihnachten hat, bei näherer Betrachtung, viel mit einer Pflichterfüllung zu tun. Man kauft etwas und macht sich weiter keine Gedanken. Dabei sind es die kleinen, ganz persönlichen Dinge, die zeigen, dass ein Mensch an einen anderen denkt und sich wirkliche Gedanken gemacht hat. Nicht in Hochglanzpapier verpackt und einen materiellen Wert muss das kleine Geschenk nicht haben. Einfach mal zuhören, woran das Herz eines anderen hängt. Dafür ist sogar das ganze Jahr Zeit.
Für mich hat Weihnachten sehr viel mit der Ruhe zwischen den Jahren zu tun, mit dem Innehalten, mit dem Lauschen auf die innere Stimme und mit Gedanken, für die sonst in der Hektik des Alltags kein Platz ist. Diese Zeit löst bei mir immer eine Sehnsucht nach Licht und Helligkeit aus. Es muss kein Tannenbaum sein, aber Kerzen, viele Kerzen.
Pummel, meine Chef-Katze, sitzt schon wieder neben dem Schlepptop. „Denkst Du in diesem Jahr auch an die Herings-Filets?“ – Sie schaut mich erwartungsvoll mit ihren großen Augen an. Oja, natürlich! „Du könnest auch das Geld, was Du sonst an Silvester lautstark in CO2-Emmissionen aufgehen lässt, für leckere Leberwurst ausgeben.“ – Sie hat ja Recht! Auch für mich ist Weihnachten erst dann, wenn im Fernsehen „Die Feuerzangenbowle“ mit Heinz Rühmann und zum Mitsprechen läuft und ich ohne Maske, aber mit Heringssalat und Bockwurst gemütlich davor sitze. Dann kann der Weihnachtssegen kommen und die Welt ist wieder – halbwegs – in Ordnung. „Feliz Navidad“, murmelt Pummel zu diesen schlauen Gedanken.