Ob im Auto, auf der Arbeit oder einfach nur zum Entspannen – das Radio zählt immer noch zu den Informationsquellen, die weltweit die meisten Menschen erreichen. Das Radio gehört nach wie vor auch zu den vertrauenswürdigsten Medien der Welt. Nicht von Ungefähr lautet das Thema des Unesco-Weltradiotages, der jährlich am 13. Februar gefeiert wird, „Yes to Radio. Yes to Trust“, übersetzt also „Ja zum Radio. Ja zum Vertrauen“. Einer, der sich ein Leben ohne Radio überhaupt nicht vorstellen kann, ist der Worpsweder Michael Kopens. Der ehemalige Lkw-Fahrer ist nach eigener Aussage mit dem Radio und insbesondere mit Musik aufgewachsen. Seine Liebe zu dem Medium reicht sogar so weit, dass er 2019 seinen eigenen Radiosender namens Radio Worpswede ins Leben gerufen hat.
Kopfhörer aufgesetzt, die Playlist eingestellt und schon kann es losgehen. Die Musik, die Michael Kopens über seinen Computer im Wohnzimmer sendet, ist weltweit empfangbar. „Das ist schon Wahnsinn, dass jeder hören kann, welchen Song ich gerade abspiele, ganz egal, wo er sich gerade auf der Welt befindet“, sagt der Musikliebhaber. Dass er tatsächlich mal einen eigenen Radiosender besitzen würde, hätte er vor einigen Jahren noch nicht gedacht. Mit einem Freund aus Hamburg wagte er in der Vergangenheit schon mal den Versuch. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion bauten sie in kurzer Zeit einen Sender auf. Von Dauer war dieser aber nicht, wie Kopens verrät: „Man muss sich wirklich im Klaren sein, dass das eine komplizierte Angelegenheit ist. Neben einer passenden Software, zahlreichem Equipment und Musik muss man vor allem viel Zeit mitbringen. So scheiterte dieser Versuch leider kläglich.“
Davon ließ sich Kopens aber nicht unterkriegen. So versuchte er es 2019 erneut. Dieses Mal allerdings erfolgreicher. Auch deshalb, weil er im Vergleich zum ersten Anlauf viel Zeit und Geld investierte. So lagern in Kopens Schrank mehrere hundert CDs mit über 90.000 Titel drauf. „Ich habe jeden einzelnen Song auf meinen Computer gespielt und gespeichert. Das hat gefühlt eine halbe Ewigkeit gedauert“, sagt Kopens. Die eigentliche Arbeit stand für den 60-Jährigen aber noch an. Schließlich musste er eine Plattform finden, über die er senden darf. Nach eifriger Suche schloss sich Kopens dem Webportal Laut.fm an. Dieses bietet einen ganz bestimmten Vorteil für den Rentner: Die Kosten für die GEMA und GVL übernimmt das Webportal. „Das ist eine gute Sache. So muss ich mich nicht damit herumschlagen und kann mein Geld in Musik und Equipment investieren“, erzählt Kopens.
Unter dem Namen Radio Worpswede sendet Michael Kopens 24 Stunden an 356 Tagen im Jahr. Gespielt werden Songs aus den 60er-, 70er-, 80er- und 90er-Jahren. Klassiker, wie Songs von Alice Cooper, Michael Jackson oder Falco dürfen dabei natürlich nicht fehlen und werden täglich über die Plattform abgespielt. „Ich liebe Oldies, das war wenigstens noch Musik, die die Massen bewegt hat“, ist sich Kopens sicher. Dass sich die Songs nach einer bestimmten Zeit nicht einfach wiederholen, hat der Musikliebhaber einem selbstprogrammierten Algorithmus zu verdanken. Zudem sind Songs und Interpreten an die jeweilige Tageszeit mit bestimmten Playlists angepasst. Falls Kopens doch einmal in den Urlaub fahren will oder plötzlich der Strom ausfällt, greift automatisch der Server bei Laut.fm ein und sendet einfach weiter. „Radio Worpswede muss schließlich weiterlaufen“, sagt er mit einem Schmunzeln.
Worpswedes einziger Radiosender hat aber nicht nur Musik zu bieten. Ab und zu übernimmt Michael Kopens von anderen Radiosendern verschiedene Inhalte, beispielsweise Nachrichten oder auch Gespräche über politische und gesellschaftliche Themen. „Man darf sich das nicht so vorstellen wie Bremen Vier oder NDR2. Radio Worpswede ist ein viel kleinerer Sender, der eine bestimmte Zielgruppe anspricht und in seiner Art besonders ist“, sagt Kopens. Während er sich früher noch regelmäßig live zuschaltete und so mit den Hörern Kontakt aufnehmen konnte, ist ihm dies heute krankheitsbedingt gerade nicht möglich. Zu anstrengend ist es für ihn, mehrere Stunden am Stück vor dem Schreibtisch am Mikrofon zu sitzen. Trotzdem ist Kopens zuversichtlich, dass dies irgendwann wieder möglich sein wird: „Lust habe ich auf jeden Fall. Das hat immer sehr viel Spaß gemacht, einfach frei Schnauze über Gott und die Welt zu reden. Das werde ich sicherlich bald wieder machen können.“
Wie viele Menschen Radio Worpswede pro Tag wirklich hören, ist schwer zu ermitteln. Die Statistiken behält das Webportal für sich, erklärt Kopens. Trotzdem erreichen den Rentner des Öfteren positive Rückmeldungen und Musikwünsche, auf die er immer sofort reagiert. Ob ihn auch am Weltradiotag die eine oder andere Nachricht erreicht hat, ist nicht überliefert. Sicher ist aber, dass Michael Kopens mal wieder 24 Stunden Musik aus seinem heimischen Wohnzimmer in alle Welt gesendet hat.
(Text: Dennis Glock / Weserkurier)