Die Zeit wird wiederkommen, fürchte ich. Aber die Meinungsäußerung der Menschen auf der Straße wird anders aussehen.
Es gab in meinem Leben nur wenige, aber wichtige Dinge zu denen ich „auf die Straße“ gegangen bin, um zu demonstrieren. Das waren in den 60ern zuerst die Demonstrationen gegen die Notstandsgesetze und, in Bremen, die Erhöhung der Straßenbahn-Fahrpreise (um 10 Pf.). Anfang der 70er Jahre habe ich Willi Brandt auf dem Domshof in Bremen begeistert gelauscht. „Mehr Demokratie wagen!“, das wollten wir alle. Das Bewusstsein für Natur und Umwelt wuchs erst nach den „Autofreien Sonntagen“ und dem Ölpreis-Schock von 1973. Danach aber waren Atomenergie, Endlagen und Gorleben ein Dauerthema, später auch der „Saure Regen.
Das nächste Großereignis in meiner Demo-Karriere, die eigentlich keine war, waren die Demonstrationen gegen den NATO-Doppelbeschluss, nicht nur in Bremen, sondern auch in Bonn im Schloßgarten. Eigentlich haben wir etwas bewirkt, aber auch Helmut Schmidt Unrecht getan. Gefreut habe ich mich jedoch, als ich später von meinem Arbeitsplatz aus verfolgen konnte, wie der ganze Mist, das nukleare Waffenarsenal, auf Bahnwaggons verladen und abtransportiert wurde.
Natürlich gab es auch danach noch viele Ereignisse, die mich sprachlos machten. Aber ich habe sie nicht auf der Straße ausgefochten, sondern eher mit dem Mittel der Argumentation und der Satire. Argumentation und Satire sind in dieser Zeit der Internet-Blasen und der kurzlebigen sozialen Medien jedoch kein scharfes Schwert. Fakten sind irgendwie aus der Mode gekommen. Wenn der Siedepunkt in Sachen Klimaschutz, Kapitalismus, Korruption und Politik, die nicht mehr für die Menschen gemacht wird, erreicht ist, dann ist es Zeit wieder auf die Straße zu gehen. Auch für mich und auch wenn ich mit Schwarz-Rot-Gold in der Hand und Sauerstoffschlauch in der Nase zur Demo getragen werden muss.